Was sind denn Bibelgärtner? Diese Frage wurde uns öfter in Israel gestellt. Ganz einfach: Menschen, die in ihren Gärten Pflanzen kultivieren, die in der Bibel erwähnt werden. Manche dieser mehr als einhundert Pflanzenarten haben eine große Bedeutung in der Bibel und werden nicht nur oft erwähnt, sondern verdeutlichen wichtige sprachliche Bilder. Auch um solche biblischen Vergleiche besser zu verstehen und die Pflanzen im Ursprungsland der Bibel kennenzulernen, machten sich 18 Bibelgärtner und an Pflanzen Interessierte auf nach Israel. Vom 28. Februar bis 6. März 2016 reisten wir durch das Land und sammelten so viele Eindrücke, nicht nur botanischer Art, dass wir diese erst nach und nach anhand unserer vielen Fotos verarbeiten können.
Mit dem bewährten Reiseveranstalter Biblische Reisen Stuttgart und den Ratschlägen israelkundiger Freunde hatte ich ein Reiseprogramm entwickelt, das auf die speziellen Interessen von uns Bibelgärtnern zugeschnitten war. Als großes Glück für uns erwies sich unsere örtliche Reiseleiterin Karin Dengler. Sie brachte uns mit großer Sachkenntnis, Freude und viel Engagement Pflanzen, Natur, Religion, Geschichte, Kultur, Menschen und noch vieles andere im Heiligen Land nahe.
Unseren ersten Tag verbrachten wir am und auf dem See Genezareth. Außer dem Besuch wichtiger Kirchen wie der Brotvermehrungskirche mit ihren wunderschönen byzantinischen Mosaiken in Tabgha und der archäologischen Ausgrabungsstätte Kapernaum bewunderten wir die schöne und fruchtbare Landschaft am See, wo Jesus ja hauptsächlich gewirkt hat. Neben dem frischen Grün des Frühlings sorgte der blühende Senf vor allem für gelbe Farbtöne, aber wir fanden natürlich viele weitere interessante Pflanzen wie zum Beispiel den Venuskamm, der in Israel Kamm der Schulamith heißt oder den Christusdorn, aus dem die Dornenkrone Jesu wahrscheinlich nicht bestand.
Bei unserer Bootsfahrt auf dem See sangen wir nicht nur, sondern einige versuchten sich auch in einfachen israelischen Tänzen. Als kulinarische Höhepunkte des Tages erwiesen sich die Petrusfischmahlzeit unter Bäumen mit Blick auf das Seeufer bei für uns sommerlichen 28°C und die abendliche Dattel-Verkostung in einer Dattelplantage.
Am zweiten Tag setzten wir die Besuche bei kleinen landwirtschaftlichen Betrieben in der Siedlung Bethlehem in Galiläa fort. Dort begannen wir zuerst in einer Gewürzfarm, schauten uns den Anbau der Kräuter auf dem Feld an, durften riechen, kosten und am Ende natürlich auch einkaufen. Als besonders wichtige Gewürzpflanze lernten wir den in Israel als Ysop bezeichneten Syrischen Ysop (Origanum syriacum) kennen, aus dem die sehr gebräuchliche Gewürzmischung Zatar hergestellt wird. Anschließend besuchten wir einen jungen Familienbetrieb, der sich vor allem der Herstellung hochwertiger Olivenöle verschrieben hat. Nach einer Filmvorführung über die Olivenernte und die Herstellung des Öls durften wir Fragen stellen und Olivenöle auf Weißbrotwürfeln verkosten. Hoffen wir, dass die als Geschenk mitgegebenen Ölbaumsprösslinge die Reise gut überstanden haben und alle anwachsen. Am Jordan entlang fuhren wir bis Jericho, wo wir neben einer mittäglichen Stärkung die Echte Rose von Jericho (Anastatica hierochuntica) erwerben konnten. Vom Besuch der Taufstelle Jesu am Jordan war es nicht mehr weit bis zum Toten Meer und unserem Tagesziel Ein Gedi, einer alten geschichtsträchtigen Oase direkt am Toten Meer, wo sich rund um die Häuser des Kibbuz und unseres Hotels der tiefst gelegene botanische Garten der Welt befindet. Eine Führung zeigte uns die beeindruckende Vielfalt hier kultivierter tropischer Bäume und Sträucher und einen wunderbaren Ausblick auf das angrenzende Wadi.
Am dritten Morgen führte uns eine junge Freiwillige durch verschiedene ökologische Projekte im Kibbuz Ein Gedi, die von Friends of the Earth Middle East unterstützt werden. Diese reichen von interkulturellen Lehmbauprojekten über verschiedene Methoden Pflanzen anzubauen bis zum Kochen mit Solarenergie oder Komposttoiletten zum Wassersparen. Einige von uns erkundeten anschließend noch weiter den einzigen botanischen Garten der Welt, in dem die Bewohner des Kibbuz ebenso idyllisch wohnen wie die Hotelgäste. Dann brachen wir alle zu einer kleinen Wanderung in das wunderschöne Wadi David auf. Gemeinsam mit zahlreichen Schulklassen verschiedener Herkunft erfreuten wir uns an der Fülle des Wassers in dieser wüstenhaften Umgebung und begriffen den Beginn der für Bibelgärtner wichtigen Bibelstelle mit der Beschreibung des Gelobten Landes besser: „Denn der Herr, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen, ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt“ (5. Mose 8, 7-8). Botanisch bot diese Wanderung Einiges, erwähnt seien hier nur die Kapernsträucher mit ihren schönen Blüten. Am Talausgang animierten unsere interessierten Blicke auf den steinigen Boden in der Nähe eines schönen Sodomsapfel-Baumes neugierige Wadibesucher zu kommen und zu gucken, was es da wohl zu finden gäbe. Es war eine ganze Zahl kleiner interessanter Pflanzen, die Flora in Israel ist sehr vielfältig.
Natürlich muss man im Toten Meer baden, wenn man hier ist und das taten wir alle mit sichtlichem Spaß. Manche probierten auch das Einseifen mit Schlamm aus und waren schwarz vom dunklen Salzschlamm kaum wiederzuerkennen. Vorbei an einfachsten Beduinenunterkünften fuhren wir dann in unserem Bus die Straße hinauf nach Jerusalem, das wir zuerst vom Skopusberg von oben betrachteten. Am Ende dieses Tages tauchten wir noch kurz ein in das Markttreiben des Jüdischen Basars (Mahane Yehuda) in Jerusalem mit seinen Gemüse-, Gewürz- und vielen anderen Verkaufsständen, ein Fest für die Sinne, aber gleichzeitig eine Reizüberflutung, die man kaum verarbeiten kann.
An unserem vierten Tag stand vormittags der Besuch im biblischen Landschaftspark Neot Kedumim auf dem Programm. Hierbei kamen sogar unsere mitgebrachten Regensachen zum Einsatz. Blühende Judasbäume verschönten den Rundgang. Olivenpressen, eine Weinkelter und historische Getreidemühlen waren interessant, aber unserem Führer fiel es leider schwer, sich auf unsere besonderen botanischen und Bibelpflanzen-Interessen einzustellen. Mit der etwas enttäuschenden Führung versöhnte am Ende das gemeinsame Zubereiten eines biblischen Mahles. Auf einer Feuerstelle kochten wir Linsensuppe, buken Fladenbrot und brauten Tee einer wild wachsenden Minzeart, was überraschend lecker schmeckte und eine gute Stimmung aufkommen ließ.
Der Nachmittag war der Altstadt von Jerusalem gewidmet. Wir probierten die Akustik in der gut erhaltenen Kreuzfahrerkirche St. Anna, schauten in die Badeanlagen am Teich Bethesda, liefen die Via Dolorosa entlang zur Grabeskirche, wobei wir uns noch eine Kaffeepause im Österreichischen Hospiz gönnten, wieder mal ein guter zusätzlicher Tipp unserer Reiseleiterin Karin.
Der nächste Tag, ein Freitag, begann mit einem weiteren Höhepunkt unserer Reise. Der pensionierte Direktor des Botanischen Gartens der Hebräischen Universität in Jerusalem Michael Avishai führte uns reichlich drei Stunden durch den pflanzengeographischen botanischen Garten Givat Ram in Jerusalem – für uns alle ein beeindruckendes Erlebnis. Zu vielen Pflanzen erzählte er Geschichten wie und unter welchen Umständen er sie in anderen Ländern erhalten hatte. Neben der fachkundigen und engagierten Führung erfreute uns die Anlage des Gartens. Die vielen schönen und interessanten Pflanzen, etliche in ihrer Frühlingsblüte, machten den Rundgang zu einem Genuss. Auch Kindergruppen werden in diesem botanischen Garten über das Gärtnern an die Natur herangeführt.
Anschließend fuhren wir in den Ort Ein Karem, der als Geburtsort Johannes des Täufers gilt. Besonders schön war dort das mittägliche Picknick in einem idyllischen, frühlingshaften Tal. Im Gartengrab vor den Toren der Altstadt von Jerusalem warfen wir einen Blick in die historische Grabkammer, die von einer gepflegten Parkanlage umschlossen ist. Den Beginn des Schabbats erlebten wir an der Klagemauer. Leider froren wir so sehr, dass wir nicht sehr lange blieben. Dafür konnten wir an unseren Nachbartischen beim Abendbrot im Hotel miterleben wie religiöse Juden den Beginn des Schabbats feierten.
Am letzten Tag unserer Reise besuchten wir die Region Bethlehem im palästinensischen Gebiet. Wir begannen in der Geburtskirche, wo gerade Gottesdienst gefeiert wurde. Anschließend widmeten wir uns der wichtigen Bibelpflanze Wein. Eine Winzerin in unserer Gruppe erklärte uns Einiges zum Weinbau, eine Märchenerzählerin gab eine jüdische Geschichte über den Fuchs im Weinberg zum Besten. Wir besichtigten das Weingut Cremisan und verkosteten drei regionale Weine. Beim Besuch der Hirtenfelder beeindruckte vor allem der Einstieg in eine dunkle, geräumige Wohnhöhle. Schon fast im Abendlicht wanderten wir durch die historische Kulturlandschaft bei Battir mit ihren Terrassen, Ölbäumen, steinernen Wachtürmen als Zeugnissen der ehemaligen Landbewirtschaftung. Neben der schönen Landschaft sorgten Pflanzenfunde, u.a. mehrere Orchideenarten, und eine Landschildkröte für Begeisterung. Schade wieder einmal, dass die Zeit zu knapp war, um all das Schöne in Ruhe zu genießen.
Was bleibt als Fazit dieser Reise? Israel ist ein Mekka für Bibelgärtner. Wir wollen wieder (und wieder?) hinfahren – zu einer etwas anderen Zeit, an andere Orte und dann dort länger verweilen. Für mich war diese Reise die Erfüllung eines Traumes.
Cornelia Jäger
Der Beitrag über die Bibelgärtner hat mich sehr beeindruckt!
Ich war vor drei Jahren bereits einmal in Israel und habe dort die biblischen Stätten besucht. Da ich aber auch biologisches Interesse habe, möchte ich das Land gerne noch einmal mit botanischen Schwerpunkt besuchen.
Ist im Jahr 2016/17 erneut solch eine Reise geplant?
Sehr geehrte Frau Lohmann,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Natürlich freuen wir uns, dass der Bericht über die Reise der Bibelgärtner ihr Interesse geweckt hat. Tatsächlich plant die Gruppe eine „Folgereise“, diese ist für Februar 2018 angedacht.