… und ich werde Ihnen gern mein Heimatland mit all seinen verschiedenen Facetten zeigen. Ich bin in Nikosia geboren. Seit über 20 Jahren führe ich Gruppen von Biblische Reisen und lege meinen Fokus dabei vor allem auf die Verbindung von Kunst, Religion und alter Geschichte. Das heutige Zypern bringe ich unseren Gästen aber auch gern näher. Ich freue mich darauf, Sie durch Zypern führen zu dürfen!“
So heißt es im Katalog von „Biblische Reisen“
Seit über 20 Jahren führt Marianna Altmann Gruppen durch ihr Heimatland und ein Blick in ältere Kataloge bestätigt dies. Auch der Ablauf der Reise ist fast immer gleich. Wer hinter den 20 Jahren lähmende Routine und mechanisches Abspulen vermutet, liegt gänzlich falsch. Marianna lebt mit, nimmt ihre Gäste auf eine spirituelle Reise durch Zypern, die auch den bestens vorbereiteten Reiselustigen fast atemlos zurück lässt. „Verbindung von Kunst, Religion und alter Geschichte“, auch das darf gerne attestiert werden. Wobei alle 3 Faktoren untrennbar miteinander verwoben sind. Dass zur alten Geschichte der Phönizier, Byzantiner, Franken(=Kreuzfahrer), Araber, Türken und Briten die Geschichte der türkischen Invasion Nord-Zyperns hinzutritt, ist eine offene Wunde der zyprisch-türkischen Nachbarschaft.
21 Kulturbegeisterte saßen im Flieger von Frankfurt nach Larnaka.
Am Ausgang dann Empfang durch die örtliche Agentur und die Reiseleiterin, Reiseführerin, Guide Marianna. Das mit der Vornamen-Kultur spielte sich erst so allmählich ein, eher so auf hanseatischem Niveau. Trotzdem, zierlich, freundlich, auch mal bestimmt, aber immer offen für alle Wünsche, wir hatten mit Marianna das große Los gezogen. Genau so wichtig bei Busreisen natürlich der Chauffeur. Christakis (Chris) steuerte seinen Scania-Bus durch Schluchten, über Pässe und war unermüdlich.
1 Woche und 1 Hotel, oder 1 Woche und 6 Hotels. Alternative 1 sind lange Busfahrten, aber kein Kofferpacken, Alternative 2 etwas kürzere Fahrten, dafür Koffer raus-Koffer rein. Das Atlantica Miramare Beach Hotel in Limassol ist ein großes Haus mit freundlichem Personal, reichem Buffet morgens und abends. Dass die Zimmer mit Meerblick(Zuschlag) durch abendliche U-Musik verschönert wurden, war nicht jedermanns Sache. Auf der Landseite dröhnten abends und nachts vermutlich jugendliche Machos über den Boulevard und morgens erinnerten die Motoren der vielen Busse daran, dass es ohne die Klimaanlagen nicht geht. Die Lage am Ufer verlockte manch einen müden Businsassen noch zu einem Sprung ins Mittelmeer. Im Norden die türkische, im Süden die russische Invasion!
Kunst, ja, das ist wohl das herausragendste Merkmal der dritt-größten Insel im Mittelmeer. Da drängen sich unwillkürlich die Scheunendachkirchen auf dem Troodos-Gebirge in den Vordergrund, die geschickt am letzten Tag platziert waren (mitsamt einem sehr nährenden Meze-Lunch!). Scheunendachkirche, nie gehört, das dachte wohl mancher Mitfahrer, und man fühlte sich angesichts der verborgenen Schätze wie ein Entdecker. Steile Dächer erheben sich wie ein Schutzschild über den ursprünglichen Kuppelkirchen. Die mit Fresken überreich ausgemalten Klosterkirchlein sind beeindruckende Glaubenszeugen der byzantinisch-griechisch-orthodoxen Kirche. Dass die Bilderflut überwältigend war, ließ sich auch durch das Fotografieren (mit und ohne Blitz) nicht beheben, und mancher Fotograf wird sich beim Bearbeiten seiner großen Ausbeute verzweifelt gefragt haben, welches Fresko zu welcher Kirche gehört.
Kunst, das heißt natürlich auch die hohe Kunst der Ikonenmalerei. Das Museum in Nikosia birgt Kleinodien von Kult-und Heiligenbildern, die für die Theologie und Spiritualität der Ostkirchen eine zentrale Bedeutung besitzen, also weder Kunstgegenstände noch Dekoration sind. Ein unscheinbares Schwarz-Weiß-Foto zeigt fliehende Menschen, die 1974 vor den türkischen Invasoren ihr Hab und Gut retteten, u.a. Ikonen aus dem Hausaltar.
Dass Marianna eine gläubige griechisch-orthodoxe Christin ist, hat unsere Reiseleiterin immer wieder deutlich gemacht. Ihre Ehe mit Dr. Johannes Altmann, evangelischer Pfarrer der hessischen Landeskirche, weist konfessions-überschreitende Gemeinsamkeiten auf, die uns bei drei Ko-Einführungen (Mönchtum und die Apostel Barnabas und Paulus) bewusst wurden. Griechenland und Kleinasien kamen ja viel früher als die Länder des Okzidents mit dem frühen Christentum in Verbindung!
Orient und Okzident, Morgen-und Abendland war früher eine gerne benutzte Einordnung von Ost und West. Und mitten drin Zypern, die Insel der Aphrodite. Die Phönizier aus Tyros und Sidon waren Abnehmer des Holzes aus dem Troodosgebirge und schätzten auch das Kupfer(aes cuprum). Dann die Festlandgriechen(schönstes Beispiel das Stadtkönigreich Salamis, natürlich auch von den nachfolgenden Römern besiedelt), oder Kourion im Süden, wo der 1. Blick auf die frühchristliche Basilika fällt. Die großflächigen Mosaiken im Archäologischen Park von Paphos(Haus des Dionysos) waren Teile der Villen der römischen Verwaltung in der ehemaligen Hauptstadt Zyperns.
Franken auf Zypern? Franken, das waren im 11.-13. Jahrhundert meist die Franzosen, die ja die meisten Kreuzfahrer stellten. Die Burg Kolossi kam in den Besitz der Johanniter, die kurz zuvor Akko, die letzte christliche Bastion im Heiligen Land, aufgegeben hatten. Im 21. Jahrhundert schätzt man als Tourist besonders den Commandaria, u.a. von Marianna kredenzt. Auch die Dynastie der Lusignans stammte aus Frankreich und prägte besonders den Norden der Insel mit den prächtigen gotischen Kathedralen. Nicht zu vergessen die damaligen Auseinandersetzungen der römisch-katholischen Lusignans mit den griechisch-orthodoxen Zyprern. Die riesigen Mauern von Famagusta sind Zeuge der türkischen Eroberung der Insel. Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg musste die Türkei Zypern an die Briten abgeben.
Eine Woche geht bei so einer dicht gedrängten Woche immer erschreckend schnell rum. So saßen wir nach einem entspannten Sonntag-Vormittag wieder in Christakis‘ Bus und fuhren gen Norden. Kurz vor dem Flughafen(und nach einem noch ofenwarmen Marmorkuchen aus Mariannas Hand) dann die obligatorischen Lobes-und Dankesworte, die ganz aus dem Herzen kamen und s e h r angebracht waren. Dr. Schmücker lobte Mariannas exzellente, ausführliche Leitung, während Marianne Eder gar in die biblische Kiste griff und unserem Chauffeur testierte, wir hätten uns bei ihm wie in Abrahams Schoß gefühlt. Eine Frage ließ sie offen. Als Fahrer Christakis während der Woche aus dem fahrenden Bus einen Granatapfel gepflückt und ihn Marianna überreicht hatte, meinte sie, es sei nun offensichtlich, dass Adam Eva verführt habe!
Text: Ulrich Gerlinger
Fotos: Ursula Gerlinger
Reiseteilnehmer der Reise „Insel der Götter – 18.09.-25.09.2016“