Kolping-Reisegruppe auf Studienreise durch Irland – Beeindruckende Landschaften und ihre Menschen, Geschichte, Religion und Kultur als Schwerpunkte
Kaiserslautern. „Mir schlug das Herz bis zum Hals“, sagte ein Reiseteilnehmer, nachdem er die 20 m lange Hängebrücke vom Festland zur winzigen Insel Carrickarede zum zweiten Mal überschritten hatte; 30 m unter ihm die tosende Gicht der irischen See zwischen Nordirland und Schottland. Das Glück war ihm anzusehen, er hatte etwas gewagt und gewonnen.
Der glückliche Mann gehörte einer 18 Personen umfassenden Reisegruppe des Kolpingwerkes an, die sich aufgemacht hatte, für eine Woche dem unwiderstehlichen Charme der „Grünen Insel“ am Westrand Europas zu erliegen, ihrer Landschaft, ihren Menschen, ihrer Kultur und Geschichte. Die Natur begann im anbrechenden Frühling gerade ihre Schönheit zu entfalten. Sie bildete einen reizvollen Hintergrund für die Besichtigung der 5000 Jahre alten Megalithgräber im Boynne-Tal (Knowth und Newgrange), von Klosteranlagen des ersten Jahrtausends, von Rundtürmen und Hochkreuzen (Glendalough, Monasterboice), von prächtigen Gartenanlagen und englischen Herrenhäusern (Powerscourt, Hillsborough). Aber auch die großen Hauptstädte Belfast und Dublin waren Ziel der Reise und beeindruckten durch ihr weltstädtisches Leben, ihre repräsentativen Bauten, ihre Geschichte und Kultur.
Vom legendären Giants Causeway, den aus dem Meer herausragenden Basaltsäulen, konnte die Reisegruppe Schottland im Dunst erkennen. Vielleicht war der Blick geschärft durch das „Wasser des Lebens“, das sie zuvor in einer Whiskey-Brennerei verkostet hatte. In Belfast beeindruckte das Titanic-Museum mit seiner einzigartigen Architektur und der „Titanic Experience“, die Bau und Schicksal des 1912 gesunkenen Ozeanriesen packend darstellte. Unübersehbar auch heute noch die Spuren der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten in den 60er bis 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts: Die trennenden Mauern zwischen den Konfessionen im Stadtteil Falls stehen noch, das trennende Tor ist tagsüber offen, am Abend um 20.30 h wird es weiterhin geschlossen. Auch die „murals“, die Propagandabilder der irischen Republikaner, sind noch da und werden offenbar ständig aktualisiert. Aber die Gewalt ist zu Ende, Konflikte zwischen beiden Gruppen werden seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 friedlich gelöst.
Zu einer besonderen Begegnung kam es in Derry: Bischof Donal McKeown empfing die Kolpinggruppe im Bischofshaus. Bischof McKeown spricht fließend Deutsch. Er informierte über die Hintergründe des Nordirlandkonflikts, Derry war ein Zentrum der Unruhen. Hier fand 1972 der „bloody sunday“ statt, bei dem die britische Armee 13 junge Iren erschoss. Der Bischof berichtete auch von dem Anteil, den beiden Konfessionen am Friedensprozess haben. Sie tun das gemeinsam in ökumenischer Verbundenheit. Gerne ging der Bischof auf Fragen aus der Gruppe ein, so z.B. zur Situation der Kirche in seiner Diözese. Der Sonntagsbesuch liege noch bei ca. 30 %. Er sehe aber, dass er auch hier zurückgehe, gerade bei den jungen Menschen. Derry habe große soziale Probleme, die die Kirche herausforderten: 30 % Arbeitslosigkeit, viele junge Leute hätten keine Lebensperspektive. Die Suizidrate sei die höchste im Vereinigten Königreich. Hier setze die Kirche mit ihren Sozialprojekten an, um berufliche und damit Lebensperspektiven zu schaffen. Der Bischof zeigte der Gruppe abschließend „seine Kathedrale“. Reiseleiter Thomas Bettinger dankte Bischof Donal McKeown für die herzliche Begegnung. Im Namen der Gruppe überreichte er eine Spende für die Sozialprojekte der Diözese Derry. Nach dem gemeinsamen Vaterunser erteilte der Bischof der Gruppe seinen Segen.
In Hillsborough Castle, der offiziellen Residenz des Königs des Vereinigten Königreichs, Charles III., stand die Gruppe in dem Raum, wo viele Gespräche zwischen Katholiken und Protestanten stattfanden, die in das Karfreitagsabkommen führten. Ehemals verfeindete Menschen fanden hier zueinander.
In Downpatrick, der letzten Station in Nordirland, besuchte die Reisegruppe das Grab des Heiligen Patrick, des Nationalheiligen Irlands. Neben dem Patricksgrab erhebt sich die anglikanische Cathedral Of The Holy Trinity. Hier war die Gruppe erstmals ganz unter sich. Thomas Bettinger sprach den Psalm 8 mit seinem zentralen Vers 5: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ Nach dem Vaterunser singt eine Teilnehmerin das Lied: „Mögen sich die Wege vor deinen Füßen ebnen …“, Reiseführerin Colette Farelly stimmt dazu die englische Version an: „May the road rise to meet you, may the wind be always at your back.“ Ein Erkundungsgang zu Fuß durch die City zeigte viele interessante Details der Hauptstadt Irlands: Dublin. Das „Book Of Kells“, entstanden um 800 n. Chr., ist eine der bedeutendsten Handschriften des Mittelalters überhaupt. Die Gruppe konnte den „Schatz Irlands“ im Trinity College bestaunen. Auch wenn der Buchbestand, der gerade restauriert wird, fast komplett ausgelagert ist, so überraschte der Long Room, einer der berühmtesten Bibliotheksräume der Welt, mit seiner ganz besonderen Schönheit. Ein Ort der Wissenschaft und des kreativen Denkens. In der Mitte hängt eine riesige Weltkugel. Sie symbolisiert Weltweisheit und Gefährdung der Welt zugleich und – die Aufgabe der Wissenschaft, diesen einzigartigen Ort im Kosmos für das Leben zu bewahren.
Die deutschen Gäste begegneten dem literarischen Irland: Oscar Wilde, Samuel Beckett und natürlich James Joyce. Wir kamen an Orte, die Leopold Bloom, der Protagonist in James Joyce´s Roman „Ulysses“ am 16. Juni 1904 besucht hatte, z.B. Sweny´s Pharmacy. Nach dem Nationalmuseum mit seinen einzigartigen Zeugnissen irischer Geschichte und dem Chester Beatty Museum am Dublin Castle mit seinen bedeutenden Handschriften aus Fernost, führte der Weg die Gruppe zur anglikanischen St. Patricks Cathedral, wo Jonathan Swift, der Autor des „Gulliver“ fast 40 Jahre Dekan war. Er ist im Langhaus der Kirche begraben. Die Choristers der Kathedrale gestalteten den Evensong mit Gesängen von William Walton und dem Orgelwerk „Litanies“ von Jehan Alain.
Die Wicklow Mountains, südlich von Dublin, beeindruckten durch ihre natürliche Schönheit. Powerscourt House And Gardens gilt bei Fachleuten als drittschönster Garten der Welt. Über 700 verschiedene Baum- und Pflanzenarten sind hier zu finden. Selbst zu Beginn des Frühlings, wo viele Bäume noch ohne Laub sind, zeigte sich ein Bild von einzigartiger Gartenkultur. In Glendalough begegnete die Pfälzer Gruppe einer Mönchsstadt des ersten Jahrtausends. Der Rundturm ist über tausend Jahre alt. Glendalough war ein Zentrum des Glaubens, der Kultur, des Wissens, der Bildung.
Im „Merry Ploughboys Irish Music Pub“ erlebten die Reisegruppe einen temperamentvollen musikalischen Ausklang mit irischem Folk und Steptanz. Damit endete ein rundes und erfülltes Reiseprogramm. Im Namen der Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer bedankte sich Thomas Bettinger herzlich bei Tour Guide Colette Farelly für ihre großartige Führung während der Reise, ihre gute Organisation, ihre Sach- und Fachkompetenz und ihren „schwarzen Humor“. Busfahrer Francis dankte er als „the very best bus driver in Ireland“, der selbst engste Straßen, Kurven und Toreinfahrten mit Gelassenheit genommen habe. „Alles hat geklappt, alles war gut. Es waren glückliche Tage. Mit Irland im Herzen fahren wir nach Hause.“
Text: Kolpingwerk